Intrinsic Activity, 2018; 6 (1): e2
doi:10.25006/IA.6.1-e2
CONSENSUS STATEMENT
Intrinsic Activity,
2018; 6 (1):

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Legionellen-Pneumonie
Florian Thalhammer1,*, Christoph Wenisch2,**, Franz Allerberger3, Petra Apfalter4, Ojan Assadian5, Rainer Gattringer4, Andrea Grisold6, Marco Idzko7, Ursula Karnthaler8, Cornelia Lass-Flörl9, Daniela Schmid3, Regina Sommer10, Günter Weiss11 und Johannes Zmill12

1Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien; 24. Medizinische Abteilung mit Infektiologie, SMZ Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital der Stadt Wien; 3Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Wien; 4Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, Ordensklinikum Linz Elisabethinen, Linz; 5Universitätsklinik für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle, Medizinische Universität Wien; 6Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin, Medizinische Universität Graz; 7Klinische Abteilung für Pulmologie, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien; 8Geschäftsstelle Landessanitätsdirektion, Magistratsabteilung 15 – Gesundheitsdienst der Stadt Wien; 9Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Department für Hygiene, Mikrobiologie und Public Health, Medizinische Universität Innsbruck; 10Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie – Wasserhygiene, Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie, Medizinische Universität Wien; 11Infektiologie, Immunologie, Rheumatologie, Pneumologie, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Innsbruck; 12SSC Betrieb – Technisches Facility Management, Generaldirektion der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund, Wien

* E-Mail für Korrespondenz
** E-Mail für Korrespondenz

Unter Patronanz der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT), der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP)

(Publikation in Kooperation mit Medical Dialogue GmbH)

1. Epidemiologie

Die Inzidenz der Legionellen-Pneumonie ist in den letzten Jahren europaweit, auch in Österreich, gestiegen. So betrug die Zahl der beim „European Centre for Disease Prevention and Control“ (ECDC) gemeldeten Fälle im Jahr 2013 5.830, im Jahr 2016 bereits 7.069 [1]. In Österreich ist die Zahl der gemeldeten Legionellen-Pneumonien von 100 im Jahr 2013 auf 218 im Jahr 2017 gestiegen. Zwischen 2016 und 2017 gab es einen Anstieg von 161 auf 218 Fälle – eine Steigerung um 35 %. Im Gegensatz dazu ist jedoch die Zahl der Todesfälle nicht gestiegen, sondern sogar gesunken. Waren es 2013 14 Todesfälle (Letalität 14 %), so betrug die Zahl der Todesfälle 2017 10, was einer Letalität von 4,6 % entspricht [2].

Die Inzidenz der Legionellen-Pneumonie nimmt mit steigendem Lebensalter zu, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen (Verhältnis ca. 2 – 3 : 1; s. Abb. 1) [3].

Abbildung 1: Lebenserwartung und Komorbiditäten / Risikofaktoren

Quelle: [3]

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Es gibt mehrere Faktoren, die für den Anstieg der Legionellen-Pneumonien in Österreich verantwortlich sein dürften:

  • Zunächst führt der vermehrte Einsatz von Schnelltests bei Patienten mit Pneumonie zu mehr Diagnosen (hier erfolgt der qualitative Nachweis von Legionella-pneumophila-Antigen in Harnproben der Patienten).
  • Seit 2014 besteht für Laboratorien eine Verpflichtung zur elektronischen Meldung von Legionellen-Pneumonien (bzw. von Befunden, die für Legionellen-Pneumonien sprechen).
  • Doch die oben genannten Punkte erklären nicht den gesamten Anstieg. Ein Teil des Anstiegs könnte mit der globalen Klimaveränderung zusammenhängen [4]. So wurde 2014 ein Zusammenhang zwischen einem besonders warmen, feuchten Sommer und einer erhöhten Fallzahl in den Niederlanden und England festgestellt [5]. Im Frühjahr und Sommer 2017 beobachtete man in vielen europäischen Ländern, auch in Österreich, eine Zahl der gemeldeten Fälle von Legionellen-Pneumonie, die um bis zu 40 % über der erwarteten Fallzahl lag.

Die Übertragung von Legionellen auf den Menschen erfolgt in erster Linie durch aerosolisiertes Wasser [6]. Die Klimahypothese besagt, dass in besonders warmen, feuchten Sommern schon das Durchfahren einer Pfütze mit einem Auto genügen kann, um genügend Wasser für eine Ansteckung zu aerosolisieren [4, 7].

In Österreich gibt es ein West-Ost-Gefälle; die (auf die Bevölkerungszahl bezogene) Inzidenz in Vorarlberg und Tirol ist mehr als doppelt so hoch wie in Niederösterreich oder dem Burgenland [2]. Dazu passt auch, dass die Schweiz bei etwa gleicher Einwohnerzahl erheblich mehr Legionellen-Pneumonien hat als Österreich – im Jahr 2017 waren es knapp 500 (wobei der Anstieg um 35 % gegenüber 2016 genau jenem in Österreich entspricht). Eine Erklärung für diese geografischen Unterschiede gibt es derzeit nicht.

Der Anstieg von Legionellen-Pneumonien – aufgrund der mittlerweile ausgezeichneten Surveillance­systeme in den österreichischen Spitälern – ist nicht auf vermehrtes Auftreten in Krankenhäusern zurückzuführen (der Anteil von Krankenhaus-assoziierten Legionellen-Pneumonien betrug früher ca. ein Drittel und ist nunmehr auf 3 % abgesunken, und bei nosokomialen Fällen gibt es kein West-Ost Gefälle), sondern vielmehr auf eine Zunahme der ambulanten und reiseassoziierten Fälle (wobei es keine Assoziation mit einem bestimmten Land oder einer bestimmten Region gibt).

Die häufigste Infektionsquelle, die bei Ausbrüchen beschrieben wurde, waren kleine, mit Ventilatoren betriebene Kühltürme, sogenannte Rückkühl­werke, die im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Klimaanlagen, z. B. beim Neubau von Bürohäusern, zweifellos eine zunehmende Rolle spielen [6]. Dazu passt auch, dass die höchsten Fallzahlen in den Sommermonaten vorkommen [3].

Key-Points für die Praxis:

  • Zwar hat die Zahl der Legionellen-Pneumonien in Österreich wie auch international zugenommen, die Mortalität ist jedoch gesunken, sogar in absoluten Zahlen.
  • Die Zahl der nosokomialen Legionellen-Pneumonien ist seit vielen Jahren unverändert.
  • Die erhöhte Inzidenz ist neben der vermehrt angewandten spezifischen Diagnostik (v. a. Schnelltests) vor allem auf ambulante und reiseassoziierte Infektionen zurückzuführen.

2. Diagnostik

2.1 Kultur

Der kulturelle Legionellen-Nachweis gilt in der mikrobiologischen Diagnostik der Legionellen-Pneumonie nach wie vor als Goldstandard. Geeignetes Probenmaterial hierfür ist respiratorisches Sekret, das aus dem unteren Respirations­trakt durch endotracheale Absaugung (über Ventilationstubus, Tracheostoma), Bronchoskopie oder broncho­alveoläre Lavage (BAL) gewonnen wird. Bei Vorliegen eines produktiven Hustens erwies sich auch das spontan oder durch Provokation expektorierte respiratorische Sekret (i. e. Sputum) als akzeptable Alternative zu den invasiv gewonnenen Sekretproben [9]. Nur in seltenen Fällen werden Lungenabstrich (post mortem), Lungenbiopsat und Blutproben zur kulturellen Untersuchung herangezogen.

Die Sensitivität variiert abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und von der Tiefe im Respirations­trakt, in der das Sekret für die Untersuchung gewonnen wird, zwischen < 10 % und 80 %. Eine Antibiotika-Vorbehandlung, d. h. eine Legionellen-wirksame Antibiotika­therapie, eingesetzt vor Proben­gewinnung, erschwert bzw. verunmöglicht einen kulturellen Nachweis von Legionellen im respiratorischen Sekret [10,11]. Die Spezifität liegt bei nahezu 100 %. Wird die kulturelle Untersuchung bei Patienten durchgeführt, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Legionellen-Pneumonie vorliegt (typische klinische und anamnestische Kriterien, hoher Legionellen-CAP-Score; s. u. Punkt 3.1), ist der negative Vorhersagewert des kulturellen Testverfahrens für einen sicheren Ausschluss einer Legionellen-Infektion zu niedrig (36 – 72 %); d. h. eine negative Legionellen-Kultur soll ausschließlich in Zusammenschau mit dem Ergebnis des Harnantigen-Tests interpretiert werden; hingegen liegt der positive Vorhersagewert der kulturellen Untersuchung beim Patienten mit einem hohen Legionellen-CAP-Score bei ~ 100 % [10 –12].

Die Dauer des kulturellen Nachweisverfahrens stellt in der klinischen Diagnose einen Nachteil dar; die maximale Bebrütungszeit beträgt zehn Tage; bei Vorliegen einer Legionellen-Pneumonie und adäquatem respiratorischem Probenmaterial ist bereits nach drei bis fünf Tagen eine Koloniebildung zu erwarten. Der kulturelle Nachweis ermöglicht die Isolat-basierte Legionellen-Spezies­bestimmung (mittels Latex-Agglutination, MALDI-TOF) und im Fall von Legionella pneumophila weitere Stamm­charakterisierung durch Serotypisierung (Serogruppe, Sg 1 – 15 und MAb-Subgruppe) und Genotypisierung mittels Ganz-Genomsequenzierung. Letztere Typisierungsmethode analysiert das speziesspezifische Allel-Muster des Kerngenoms, das mit dem der Legionellen-Wasserisolate aus epidemiologisch-assoziierten wasserführenden Systemen verglichen wird [13]. Hiermit kann die Infektionsquelle – das Legionellen-Reservoir – sowohl bei einzelnen Fällen als auch bei Ausbrüchen identifiziert werden [10,11].

2.2 PCR-Verfahren

Die Untersuchung des respiratorischen Sekrets auf Legionellen-Nukleinsäure mittels PCR-basierter Testverfahren (gegenwärtig zumeist Real-Time-PCR) stellt ein weiteres direktes Nachweisverfahren dar. Sekret aus dem unteren Respirationstrakt – adäquat gewonnenes Sputum (s. o.), Bronchialsekret oder BAL-Flüssigkeit – sind das geeignete Probenmaterial. Die Sensitivität dieses Tests ist wie beim kulturellen Testverfahren bestimmt durch den Schweregrad der Legionärskrankheit und die Tiefe, in der das Sekret aus dem respiratorischen Trakt gewonnen wurde, und variiert zwischen 30 und 100 %. Die meisten PCR-basierten molekularen Nachweisverfahren zeichnen sich durch hohe Spezifität aus (~ 100 %). PCR-basierte Testverfahren liefern innerhalb weniger Stunden nach Probengewinnung Resultate mit Angabe zur Legionella-Spezies [10,11].

2.3 Legionellen-Harnantigen

Die Entwicklung von Testverfahren zur Legionellen-Antigendetektion im Harn hat die Legionellen-Diagnostik vereinfacht und beschleunigt. Die Ausscheidung von Antigen im Harn beginnt bei Legionellen-Infektion ca. 24 Stunden nach Einsetzen der Symptomatik und dauert einige Tage bis Wochen an. Als Testmethoden kommen der Enzymimmunoassay (EIA / ELISA) und der „Lateral-Flow Immunoassay“, zu dem auch der immunchromatographische Schnelltest (LFA / ICT) gehört, zur Anwendung.

Laut Angaben aus Herstellerstudien liegt die Sensitivität der ELISA- und ICT-basierten Harnantigen-Tests im Vergleich zur Kultur bzw. im Vergleich zum ELISA-basierten Harnantigen-Test zwischen 87 und 97 %, die Spezifität zwischen 86 und 100 % [14]. Nach Ergebnissen einer Metaanalyse aus dem Jahr 2009 von klinischen Studien betreffend Testcharakteristika der EIA-, ELISA- und LFA / ICT-basierten Legionella-Harnantigen-Tests im Vergleich zum kulturellen und serologischen Testverfahren als Referenz liegt die gepoolte Sensitivität der EIA-, ELISA- und LFA / ICT-basierten Tests bei 74 % und die Spezifität bei 99 % [15]. Stratifiziert man nach Testmethode, zeigt sich bei ELISA-basierten Tests eine Sensitivität von 78 % und bei ICT-basierten Tests von 86 % (79 % – 94 %) [15]. Durch Legionellen-Antigen­konzentrierungs­verfahren, z. B. mittels Ultrafiltration, erreicht man eine deutliche Erhöhung der Sensitivität bis zu 90 %, gemäß Angaben einer Übersichtsarbeit zur Legionellen-Labordiagnostik aus dem Jahr 2015 [11]. Die Spezifität liegt für alle Harnantigen-Testmethoden (EIA / ELISA, ICT) bei annähernd 100 % [15]. Geht man von der geringen Prävalenz der Legionellen-Pneumonie in der Allgemein­bevölkerung aus (2017: gemeldete Inzidenz von 2,5 Fällen pro 100.000 Bevölkerung), ist zu bedenken, dass der Vorhersagewert eines positiven Harnantigen-Tests für die Diagnosefindung nur bei Vorliegen der für die Legionellen-Pneumonie typischen klinischen Kriterien (Legionella-CAP Score ≥ 4 assoziiert mit einer 66 % Legionellose-Wahrscheinlichkeit; s. Punkt 3.1) verlässlich hoch ist; bei nicht entsprechenden klinischen oder anamnestischen Kriterien sollte jedenfalls das positive Ergebnis des Legionellen-Harnantigen-Tests kritisch hinterfragt und auch andere Pneumonie-Erreger in Betracht gezogen werden (niedrige Prävalenz einer nachzuweisenden Krankheit = niedriger PPW). Angaben zu klinischen Kriterien auf Zuweisung bzw. Probenbegleitschein sind für das untersuchende Labor zur Ergebnisinterpretation sehr hilfreich (der Probenbegleitschein der AGES ist diesbezüglich adaptiert).

Die Sensitivität ist bei allen validierten Harnantigen-Tests der Spezifität unterlegen (70 – 90 %) [11]; bei einem Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Legionellen-Pneumonie (Legionella-CAP-Score ≥ 4) liegt der Vorhersagewert für den negativen Harnantigen-Test zwischen 63 und 84 %. Es ist empfehlenswert, bei diesen Patienten die Ergebnisse der kulturellen und molekularen Untersuchungen des respiratorischen Sekretes auf Legionellen und andere Pneumonie-Erreger jedenfalls abzuwarten, bevor ein Ausschluss einer Legionellen-bedingten Pneumonie in Erwägung gezogen wird. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Großteil der verfügbaren Harnantigen-Tests ausschließlich das Antigen von L. pneumophila der Sg 1 detektiert [3]. Zur Verlaufskontrolle ist die Bestimmung des Legionellen-Antigens im Harn NICHT geeignet.

2.4 Serologie

Der indirekte serologische Nachweis einer Legionellen-Infektion, auf Basis von ELISA oder indirektem Immunfluoreszenz-Assay, findet im klinischen Alltag für die Bestätigung einer floriden Infektion mit Legionellen keine Anwendung mehr. Wird zwar ein singulär hoher Titer von L.-pneumophila-Sg-1-spezifischen Antikörpern in der EU-Falldefinition noch als Laborkriterium eines wahrscheinlichen Falles akzeptiert (Achtung: missverständlich bei präexistierender hoher Seroprävalenz), gilt jedoch nur ein signifikanter Titer-Anstieg (vierfach) im Serumpaar (Akut- und Konvaleszenz-Phase mit 3 –10 Wochen Abstand) als bestätigendes Laborkriterium. Dieses Testverfahren wird auf Basis seiner geringen Sensitivität (nicht alle Fälle weisen eine Serokonversion auf), geringen Spezifität (hohe Kreuz­reaktivität) und fehlenden Zeitgerechtigkeit und in Anbetracht ausreichend verfügbarer Testverfahren zum direkten Erregernachweis mit rasch verfügbaren Ergebnissen (Harnantigen-Test, PCR) bald nur mehr in retrospektiven epidemiologischen Studien zu finden sein [10,11].

Key-Points für die Praxis:

  • Drei Nachweisverfahren bestimmen gegenwärtig die Labor-Diagnostik der Legionellen-Pneumonie: die kulturelle Untersuchung, die auf Nukleinsäure-Amplifikationstechnik basierte molekulare (real-time PCR) Untersuchung des respiratorischen Sekrets aus dem unteren Respirationstrakt (adäquat gewonnenes Sputum, Bronchialsekret, BAL-Flüssigkeit) und die Untersuchung einer Harnprobe auf Legionellen-Antigen.
  • Alle drei Testverfahren haben ihre Stärken und Limitationen.
  • Im Patientenkollektiv mit klinischen und anamnestischen Kriterien einer Legionellen-Pneumonie (hoher Legionellen-CAP-Score) ist der Harnantigen-Test in Anbetracht des hohen positiven Vorhersagewertes, der einfachen Anwendbarkeit, raschen Ergebnis­verfügbarkeit und nicht invasiven Probengewinnung das Testverfahren der ersten Wahl.
  • Bei Patienten mit hohem Legionellen-CAP-Score ist ein negatever Harnantigen Test (negativer Vorhersagewert: 68 – 84 %) stets in Zusammenschau mit den Ergebnissen der kulturellen und molekularen Untersuchung des respiratorischen Sekretes zu interpretieren.
  • Die Legionellen-Kultivierung ist epidemiologisch relevant für die Ganzgenom-basierte Stamm-Charakterisierung.
  • Die Serologie ist für den klinischen Alltag von geringer Praktikabilität.

3. Klinik und Therapie

3.1 Klinik

Das klinische Bild einer Legionellen-Erkrankung reicht von gänzlich asymptomatischem Verlauf über grippeähnliche Symptome – wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Bewegungsstörungen, Schüttelfrost – bis hin zu lebensgefährlichen Verläufen. Die klassische Trias besteht aus Pneumonie, Durchfall und Verwirrtheit, wobei Durchfall bei 25 bis 50 %, Verwirrtheit bei 20 bis 35 % der Patienten auftritt. Die Inkubationszeit liegt bei zwei bis zehn Tagen [16]. Häufig findet sich bei Diagnose eine Hyponatriämie.

Es gibt zwei unterschiedliche Krankheitsbilder: die Legionellen-Pneumonie und das sogenannte Pontiac-Fieber, eine akute, fieberhafte Erkrankung ohne Lungen­entzündung [6]. Tabelle 1 zeigt die Unterschiede zwischen diesen Krankheitsbildern.

Tabelle 1: Legionellen-Pneumonie vs. Pontiac-Fieber

  Legionellen-Pneumonie Pontiac-Fieber
Attack-Rate * niedrig (< 1 %) hoch
Inkubationszeit meist 2 –10 Tage 24 – 48 h
Symptome Husten, Fieber > 39 °C,
Durchfall, Verwirrtheit
grippeähnliche Symptome
Thoraxröntgen Infiltrate unauffällig
Dauer der Erkrankung Wochen 2 – 5 Tage
Therapie Chinolone, Makrolide,
evtl. Doxycyclin oder Tigecyclin
symptomatisch
Letalität ca. 10 % nicht erhöht
Meldepflicht A / D / CH Ja Nein
* Wahrscheinlichkeit der Infektion bei einer nicht immunen, exponierten Person.

Quelle: [8]

Darüber hinaus gibt es noch andere, extrarespiratorische Manifestationen, wie z. B. Wundinfektionen beim Baden. Die Häufigkeit solcher Manifestationen ist unbekannt, ebenso ihre Inkubationszeit. Schließlich ist noch die inapparente Serokonversion zu nennen, die Schätzungen zufolge ca. 100-mal häufiger vorkommt als die Legionellen-Pneumonie [17].

Laut Literatur erkranken 0,2 bis 4,7 % der infizierten Personen. Von den erkrankten Personen versterben ca. 10 % [6,18].

Der Schweregrad der Legionellen-Pneumonie ist zumeist hoch. So zeigte eine Studie aus Deutschland, dass von 17 Fällen keiner ambulant, fünf auf der Normalstation und die restlichen zwölf auf der ICU behandelt wurden [19].

Da die Diagnostik einer Legionellen-Pneumonie nicht immer ganz einfach ist, wurde ein Legionellen-CAP-Score entwickelt. Er besteht aus den folgenden sechs Parametern (ein Punkt pro erfülltem Parameter):

  • Körpertemperatur > 39,4 °C
  • Kein Sputum
  • Natrium < 133 mmol/l
  • LDH > 225 U/l
  • CRP > 187 mg/l
  • Thrombozyten < 171 G/l

In einer Studie hatten Patienten mit einem Score von 0 oder 1 nur in 3 % eine Legionellen-Pneumonie, Patienten mit einem Score ≥ 4 hingegen in 66 % [20].

Um die Zahl der Legionellen-Tests auf jene Patienten zu beschränken, bei denen ein klinischer Verdacht besteht, sollte einerseits der Score Verwendung finden, andererseits können folgende Parameter speziell berücksichtigt werden:

  • Anamnese (Dusche, Wellness, Fernwärme, …)
  • erhöhte LDH (kommt bei Pneumokokken-Pneumonie seltener vor)
  • Durchfall (bei einem Drittel der Patienten; kann dem Lungen­infiltrat vorausgehen!)
  • Thrombopenie

Zum Stellenwert der Auskultation: diese hat einen negativen prädiktiven Wert von 96 %, jedoch einen positiven prädiktiven Wert von nur 57 %, d. h. bei blander Auskultation ist eine Pneumonie relativ unwahrscheinlich (hängt jedoch von der Mitarbeit des Patienten ab; kaum Geräusche finden sich bei Patienten mit Lungenemphysem, Fassthorax oder primär interstitieller Präsentation).

Key-Points für die Praxis:

  • Die klassische Trias der Legionellen-Pneumonie besteht aus Pneumonie, Durchfall und Verwirrtheit. Dazu kann hohes Fieber kommen.
  • Der Schweregrad der Legionellen-Pneumonie ist zumeist recht hoch – die Letalität liegt bei ca. 10 %.
  • Neben der Legionellen-Pneumonie kann sich die Infektion auch als Pontiac-Fieber manifestieren, das ohne Lungen­entzündung einhergeht und keine erhöhte Letalität aufweist.
  • Sinnvoll ist eine Legionellen-Diagnostik vor allem bei klinischem Verdacht (CAP-Score ≥ 4; Anamnese, LDH-Erhöhung, Durchfall, Thrombopenie; Hyponatriämie).
  • Ein unauffälliger Auskultationsbefund macht eine Pneumonie eher unwahrscheinlich (Ausnahmen s. oben); eine positive Auskultation beweist eine Legionellen-Pneumonie jedoch nicht.

3.2 Therapie

Als antimikrobielle Optionen kommen drei Substanzgruppen infrage: Chinolone, Makrolide und Tetrazykline. Betalaktame scheiden aus, da sie keine Wirkung auf intrazelluläre Erreger wie Legionella spp. entfalten.

In der deutschen S3-Leitlinie von 2016 werden Moxifloxacin oder Levofloxacin als erste Wahl, Azithromycin oder Clarithromycin als Alternativen bezeichnet [21].

Prinzipiell ist festzuhalten, dass es keine prospektiven Therapiestudien gibt und die publizierten Daten meist aus retrospektiven Analysen von Legionellen­ausbrüchen resultieren. In einer Studie wurde eine Überlegenheit von Levofloxacin gegenüber Makroliden (Clarithromycin, Azithromycin) sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit als auch des Nebenwirkungsprofils gezeigt [22]. Eine rezentere Arbeit fand jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen Levofloxacin und Azithromycin [23]. Eine retrospektive Analyse hingegen ergab eine Überlegenheit von Fluorchinolonen gegenüber anderen Antibiotika bezüglich der Mortalität auf der ICU [24].

Von einer Kombinationstherapie mit Rifampicin, wie sie früher üblich war, wird heute eher abgeraten, einerseits weil sie gegenüber anderen, heute zur Verfügung stehenden Optionen keinen Vorteil bringt [22], andererseits wegen des hohen Interaktionsspektrums [25].

Als Second-Line-Therapie ist auch die Verwendung von Tigecyclin [26] oder Doxycyclin [27] beschrieben; allerdings müssten beide Antibiotika ausreichend hoch dosiert werden (TD 200 – 300 mg). Resistenzmechanismen gegen Makrolide (ribosomale Mutationen, Effluxpumpen) sind sehr selten, aber beschrieben [28].

Die Therapiedauer sollte heute sieben bis zehn Tage betragen [21], während früher drei Wochen gefordert wurden.

Key-Points für die Praxis:

  • Therapie der ersten Wahl ist ein modernes Chinolon (Levofloxacin 2 x 500 mg, Moxifloxacin 1x 400 mg) oder alternativ ein Makrolid (auf ausreichende Dosierung achten! – Clarithromycin 2 x 500 mg, Roxithromycin 2 x 300 mg, Azithromycin 1x 1,5 g i.v. als Single Shot).
  • Doxycyclin oder Tigecyclin (jeweils 1x 200 – 300 mg täglich) kommen als zweite Wahl infrage.
  • Die Zugabe von Rifampicin ist obsolet.
  • Die Therapiedauer soll 7 –10 Tage betragen.

4. Outbreak und Risiko

Als „Rezept“ für Ausbrüche von Legionärskrankheit lässt sich das Zusammentreffen folgender Faktoren definieren: schlecht gewartete Wassersysteme – Aerosolisierung – Stamm mit hoher Virulenz – hohe Bakterienkonzentration – empfänglicher Wirt. Im Folgenden wird die Risikosituation aus zwei Blickwinkeln beschrieben: aus Sicht des Menschen und aus Sicht des Vorkommens von Legionellen in der Umwelt.

4.1 Beim Menschen

Von den im Jahr 2016 in Österreich aufgetretenen 161 Fällen von Legionärskrankheit waren 67 % (n = 108) ambulant erworben, 30 % (n = 49) in Beherbergungsbetrieben [3]. Von den 108 ambulant erworbenen Fällen wurde bei 17 eine wahrscheinliche Infektionsquelle ausfindig gemacht. Dabei handelte es sich in erster Linie um Trinkwasser-Erwärmungsanlagen. Bei ausländischen Touristen traten 34 Fälle in Österreich auf; dies waren Personen, die sich während der Inkubationszeit in Hotels, auf Campingplätzen oder einem Schiff aufgehalten hatten. In all diesen Fällen wurde L. pneumophila Sg 1 diagnostiziert. Diese Serogruppe zeigt weltweit die stärkste Häufigkeit und die höchste Virulenz [29].

In einer europäischen Studie mit 1.335 Fällen zeigten Legionellen Sg 1, die positiv bezüglich eines virulenzassoziierten Epitops (MAb 3 /1) waren, mit 67 % die größte Häufigkeit [30]. Das mediane Manifestationsalter einer Legionelleninfektion lag in Österreich im Jahr 2016 bei 61 Jahren. Die Hauptrisikofaktoren sind Alter, männliches Geschlecht, Rauchen bzw. chronische Lungenerkrankungen und Immunsuppression [3]. Tabelle 2 listet Risikofaktoren detaillierter auf.

Tabelle 2: Risikofaktoren für die Legionellen-Pneumonie

Höheres Lebensalter
Männliches Geschlecht
Rauchen (auch Ex-Raucher) / chronische Lungenerkrankung (COPD)
Immunsuppression
  • Diabetes mellitus (schlecht eingestellt)
  • Biologika (z. B. TNF-alpha-Blocker)
  • Kortikosteroide
  • medikamentöse Immunsuppression (z. B. bei Malignomen oder nach Organtransplantation)
Exzessiver Alkoholkonsum
Komorbiditäten (z. B. chronische Leber- oder Nierenerkrankung)
Rezente Reisen mit Auslandsübernachtungen, Exposition gegenüber Whirlpools, Bädern und dergleichen

Quellen: [3,18, 31, 32]

Legionellen aktivieren ihre Virulenzgene intrazellulär, also beim Menschen in Alveolarmakrophagen. Die pathogene Wirkung hängt ab von: der Legionellenkonzentration des Wassers, der Art des Aerosols, der Intensität der Verbreitung, der Virulenz des Stamms und den natürlichen Abwehrkräften des Betroffenen. Personen mit einem geschwächten Immunsystem reagieren auf eine entsprechend hohe Konzentration von Erregern in Aerosolen anfälliger als Gesunde.

Key-Points für die Praxis

  • Die wichtigsten Risikofaktoren zur Entstehung einer Legionelleninfektion sind Alter, männliches Geschlecht, Rauchen / COPD und Immunsuppression.
  • Ob sich eine Infektion manifestiert, hängt auch davon ab, wie massiv die Exposition gegenüber Legionellen ist und um welchen Stamm es sich handelt.

4.2 In der Umwelt

Da der Großteil der Legionellen-Pneumonien heute außerhalb von Gesundheitseinrichtungen auftritt, ist die Lebensweise und die Verbreitung dieser Bakterien von Bedeutung (s. dazu auch die Fact Box).

Fact Box Legionellen
Legionellen sind strikt aerobe, keine Sporen bildende, bewegliche, gramnegative (jedoch in der Gram­färbung nur schlecht darstellbare) Stäbchen, die ein warmes, feuchtes Milieu bevorzugen. Sie kommen daher in fast allen natürlichen wässrigen bzw. feuchten Milieus wie Sedimenten, feuchten Böden, Humus, Kompost, Mischerde für Topfpflanzen, Schlamm und sogar Meer­wasser vor, allerdings zumeist nur in geringer Zahl.

Zu beachten ist, dass Legionellen in ihrem natürlichen Ökosystem in der Regel keine Probleme verursachen. Es ist vielmehr der Mensch, der durch bestimmte Einrichtungen gesteigerten Komforts (Warm­wasser­systeme, offene Kühl­türme, Whirl­wannen und dergleichen) ökologische Nischen geschaffen hat, die eine Vermehrung und Verbreitung von Legionellen begünstigen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist im Allgemeinen nicht zu befürchten und wurde erst einmal beschrieben [8].

Eine optimale Vermehrung von Legionellen findet bei Temperaturen zwischen 25 und 45 °C statt, sie können aber Temperaturen um die 5 °C und kurzzeitig auch Temperaturen bis 60 °C überleben. Sie vermehren sich eher langsam, mit einer Verdoppelungs­zeit von vier Stunden.

Legionellen vermehren sich normalerweise innerhalb von freilebenden Amöben bzw. in menschlichen Makro­phagen (duales Wirts­system) und nutzen andere Mikro­organismen als Nahrungs­quelle. Infizierte Amöben sind für die Übertragung von Legionellen von Bedeutung, da Legionellen spezielle Virulenz­faktoren, die sie für eine Infektion des Menschen benötigen, erst bei intra­zellulärer Vermehrung aktivieren. Legionellen in Amöben­zysten sind resistent gegenüber Schwankungen von Temperatur und pH-Wert und können sogar manchen Bioziden widerstehen.

Die in Trink­wasser, das an Abnehmer abgegeben wird, zulässige Konzentration an Chlor (≤ 0,3 mg/l Cl2) genügt nicht, um Legionellen sicher abzutöten. (Wenn eine Sanierung mit chlor­basierten Verfahren durch­geführt wird, muss die Konzentration an freiem Chlor nach 30 Minuten Reaktions­zeit mindestens 0,3 mg/l betragen und darf 0,5 mg/l nicht über­steigen.)

In Wasser­verteilungs­systemen bieten die stets vorhandenen Beläge und Biofilme Legionellen mit ihren speziellen Nähr­stoff­ansprüchen sowohl eine optimale Lebens­grundlage als auch einen gewissen Schutz vor chemischen Noxen wie Chlor. Ein spezielles Problem in älteren Gebäuden, das nicht immer kausal gelöst werden kann, können auch Tot­leitungen sein.

In Aerosolen enthaltene Legionellen können sich über große Distanzen verbreiten.

Quelle: [6]

Die Ausbreitung von Legionellen in Aerosolen ist über beträchtliche Distanzen möglich, angegeben werden sieben bis zehn, in manchen Arbeiten sogar bis zu 20 km Abstand [33, 34] – dies ist weiter als früher angenommen und natürlich für die Untersuchung von Ausbrüchen von erheblicher Bedeutung.

Neben Kalt- und Warmwassersystemen von Gebäude­installationen sind mögliche Ausbruchsquellen auch offene Kühltürme oder Autowaschanlagen (hier gab es einen rezenten Fall in Österreich). Aufgrund der Seltenheit von Legionellen-Pneumonien zeigt sich anhand der ECDC-Daten, dass ein einzelner Ausbruch die Statistik stark verändern kann. So machten im Jahr 2013 Wassersysteme 91 % der Quellen für ambulante Infektionen aus, Kühltürme weniger als 1 % [35]. Im Jahr 2014 hingegen waren Wassersysteme nur in 40 %, Kühltürme aber in 58 % verantwortlich – Letzteres ist aber auf einen einzigen Ausbruch in Portugal zurückzuführen [36].

Kühltürme stellen dann eine Gefahr für eine Emission von Legionellen dar, wenn sie ein offenes Wassersystem aufweisen. Auch Straßenreinigungs­fahrzeuge, die mit Wasser arbeiten, können Ursache für Ausbrüche werden [37].

Ebenso können auch Kläranlagen als Ausbruchsquellen infrage kommen. Es ist zu beachten, dass der Nachweis von Legionellen in einer Probe noch kein Beweis dafür ist, dass es sich hierbei um eine Ausbruchsquelle handelt. Dies kann nur mittels molekular­genetischer Vergleiche ermittelt werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass ein Großteil der Fälle von Legionelleninfektion nicht auf eine spezifische Quelle zurückgeführt werden kann.

Key-Points für die Praxis

  • Ausbruchsquellen können Wassersysteme, Kühltürme, Autowaschanlagen etc. sein.
  • Legionellen können über Aerosole mit dem Wind kilometerweit übertragen werden.
  • Der Nachweis von Legionellen in einer Probe besagt noch nicht, dass es sich dabei um eine Ausbruchsquelle handelt.
  • Der Großteil der Legionellenfälle in Österreich und in Europa konnte nicht auf eine bestimmte Quelle zurückgeführt werden.

5. Öffentliche Gesundheit

Das österreichische Epidemiegesetz sieht eine Meldepflicht für Erkrankungs- und Todesfälle der Legionärskrankheit (Legionellen-Pneumonie) vor.

Ergänzend dazu liegen weitere Gesetze vor, die einen Bezug zur Legionellen-Thematik aufweisen.

Die Gewerbeordnung, das Bäderhygienegesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und die entsprechenden Ausführungs­gesetze der Länder, das Wiener Wohn- und Pflegeheim­gesetz (WWPG) sowie analoge Bestimmungen in den Bundesländern enthalten Bestimmungen, die darauf abzielen, dass von Anlagen keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen ausgeht bzw. dass Maßnahmen gesetzt werden, die der Erkennung, Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionen dienen.

Wird nach dem Epidemiegesetz eine Legionellen-Pneumonie gemeldet, so sind die Amtsärzte verpflichtet, Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten, die dazu dienen, die Infektionsquelle zu identifizieren und die Weiterverbreitung der Erkrankung nach Möglichkeit zu verhindern. Dabei sind die Betreiber jener Einrichtungen und Anlagen, die als (mögliche) Infektionsquelle identifiziert wurden, wesentliche Ansprechpartner bei den Erhebungen und Maßnahmenplanungen, für deren Umsetzung auch weitere Behörden eingebunden werden können (z. B. Gewerbe-, Baubehörde u. a.).

Die im Anlassfall zu treffenden Maßnahmen hängen jedenfalls von der individuellen Situation ab.

Für bestimmte Anlagen gelten gesetzliche Vorgaben oder behördliche Auflagen für die Betriebsführung (z. B. Wartungsintervalle, Wasseruntersuchungen u. ä.), die in erster Linie den präventiven Ansatz zur Minimierung der Konzentration an Legionellen in den wasserführenden Systemen verfolgen.

Key-Point für die Praxis

  • Die Legionellen-Pneumonie ist in Österreich meldepflichtig.

6. Krankenhaushygiene

Für die Gefährdungsanalyse und das Risikomanagement von Trinkwasser­versorgungs­systemen und Trinkwasser­erwärmungs­anlagen hinsichtlich der Verhinderung von nosokomialer Legionellen­infektion sind verschiedene Regelwerke vorhanden:

Gemäß ÖNORM B 5019 2017 werden bezüglich des Gefährdungs­potenzials für eine Legionellen­infektion vier Risikogruppen unterschieden.

Diese Risikogruppen unterscheiden sich durch die maximal tolerierbare Legionellen­konzentration im Wasser. In Bereichen mit immunesupprimierten Patienten werden geringere Konzentrationen toleriert als in Bereichen ohne immunsupprimierte Patienten. Das Überwachungs- und Sanierungskonzept der ÖNORM ist darauf ausgerichtet. Für beide Risikogruppen gilt, dass regelmäßige Untersuchungen des Warmwassers auf Legionellen entsprechend einem eigenen Überwachungs­konzept oder der Behörden­vorschreibung, im Anlassfall umgehend, durchzuführen sind.

Derzeit lautet die generelle Empfehlung, in Krankenhäusern die Warmwasser­temperatur bei 55 °C, die Speicher­temperatur bei 60 °C zu halten.

Finden sich Legionellen in stark erhöhten Konzentrationen (> 105 KBE / Liter), so sind Nutzungs­einschränkungen (z. B. Duschverbot, Einschränkung des Zähneputzens) vor allem bei immunsupprimierten Patienten erforderlich. Ab 104 KBE / Liter ist jedoch eine unverzügliche Sanierung erforderlich. Das Ziel der ÖNORM B 5019 liegt in der Sicherstellung von Wasser mit einer möglichst niedrigen Legionellen­konzentration. Es ist auch bei Anwendung der ÖNORM B 5019 nicht möglich, nosokomiale Legionellen-Pneumonien ganz zu verhindern, da eine Vielzahl anderer relevanter Faktoren (Immunsituation des potenziellen Infektionsziels, Art und Menge der Übertragung; siehe auch die Tabellen 1 und 2) in einer technischen Norm naturgemäß unberücksichtigt bleiben.

Ob von einem wasserführenden System ein Gesundheitsrisiko ausgeht, hängt von vielen Faktoren ab, wie Aerosolbildung, Aerosol­stabilität, Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Windrichtung sowie Virulenz und Infektiosität der Legionellen­stämme. Diese Frage lässt sich durch die routinemäßige Untersuchung von Wasserproben, die jeweils eine Momentaufnahme darstellt, nur sehr eingeschränkt beantworten.

Dazu kommt, dass sich bei der Kultivierung von Legionellen aus Wasserproben, aufgrund störender Begleit­mikroorganismen und je nach eingesetztem Aufwand bei der Analysenmethode, Limitationen ergeben. Aus diesem Grund werden in manchen Wasser­sicherheits­plänen (z. B. [38 – 40]) Wasseruntersuchungen nur mehr in spezifischen Situationen wie z. B. vor Inbetriebnahme von Neu- / Zu- / Umbauten, zur Überprüfung von Betriebs­management­maßnahmen und im Rahmen von Ausbruchs­untersuchungen zur Sekundär­prävention durchgeführt.

Die Möglichkeit von falsch-negativen Ergebnissen bei anlassloser (z. B. routine­mäßiger) Probenahme könnte das Risiko unterschätzen und den Effekt von Kontroll­handlungen bzw. Maßnahmen überschätzen. Es wird daher die ubiquitäre Anwesenheit von Legionellen in Wassersystemen angenommen und die Risiko­management­strategie auf primäre technische Präventions­maßnahmen sowie sekundäre Prävention bei nosokomialer Legionellen-Pneumonie ausgerichtet.

Hinsichtlich der wasserführenden Systeme erfolgt die Beherrschung des Risikos einer nosokomialen Legionellen-Pneumonie durch die Einhaltung und Umsetzung der technischen Maßnahmen, die sicherstellen, dass Kaltwasser kalt (≤ 20 °C) und Warmwasser warm (≥ 55 °C) geführt und eine Stagnation des Wassers verhindert wird.

Key-Points für die Praxis

  • Durch die Einhaltung und Umsetzung von technischen Maßnahmen, die sicherstellen, dass Kaltwasser kalt (≤ 20 °C) und Warmwasser warm (≥ 55 °C) geführt wird und eine Stagnation des Wassers verhindert wird, wird das Risiko einer nosokomialen Legionellen-Pneumonie minimiert.
  • In spezifischen Situationen, wie z. B. vor Inbetriebnahme nach Neu- / Zu- / Umbauten und bei der Sekundär­prävention im Rahmen einer Quellensuche, kann eine erweiterte Beprobung sinnvoll sein.
  • Es herrscht Konsens, dass die anlasslose Probenahme und Untersuchung abzulehnen ist.
  • Zur Verifizierung des erfolgreichen Betriebs eines wasserführenden Systems sind an repräsentativen Entnahmestellen Probenahmen und Untersuchungen erforderlich.
  • In jedem Fall muss vor Beprobung eines wasserführenden Systems auf Legionellen klar sein, warum die Beprobung durchgeführt wird, welche Ergebnisse eintreten könnten und welche Handlungen sich daraus ergeben müssen. Eine unreflektierte Wasseruntersuchung ist abzulehnen.

Interessenkonflikte

Dieses Projekt wurde durch die Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (zu 92,42 %) sowie die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (zu 7,58 %) ohne jegliches externes Sponsoring durch die Pharmaindustrie finanziert. Alle Autoren haben unentgeltlich an diesem Projekt mitgearbeitet.

  • Florian Thalhammer: keine.
  • Christoph Wenisch: keine.
  • Franz Allerberger: keine.
  • Petra Apfalter: keine.
  • Ojan Assadian: keine.
  • Rainer Gattringer: keine.
  • Andrea Grisold: keine.
  • Marco Idzko: keine.
  • Ursula Karnthaler: keine.
  • Cornelia Lass-Flörl: keine.
  • Daniela Schmid: keine.
  • Regina Sommer: keine.
  • Günter Weiss: keine.
  • Johannnes Zmill: keine.

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published online:
7 September 2018

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